O Tod, ich bin dein Tod!

Heute ist Karsamstag. Gelegentlich wird auch schon mal „Ostersamstag“ gesagt. Aber dieser ist erst in einer Woche. Erst ab morgen werden die beiden folgenden Tage mit dem Zusatz „Oster“ benannt. Aber auch die Tage nach Ostermontag sind Ostertage, denn der folgende „Weiße Sonntag“ schließt diese Osteroktav ab. Wir wär’s wenn wir Christen, für die das Osterfest das bedeutendste aller Feste ist, einmal etwas österliches Bewusstsein in den Sprachgebrauch einfließen lassen? Auch wenn manche am Osterdienstag wieder arbeiten müssen, so darf Ostern auch etwas nachwirken. Trauen wir uns mal zu zum anderen sagen: „Du hör mal, am Osterdonnerstag erledige ich dies oder das…“ Wie würden die Zuhörenden das aufschnappen?

Der heutige Tag ist nun der Tag der Grabesruhe Jesu. Dementsprechend sind unsere Kirchen trist, schmucklos und kalt. Die Altäre abgedeckt, die Tabernakeln leer. Selbst der Stundenschlag der Glocke wurde eingestellt. In manchen Kirchen wird nach Jahrhunderte altem Brauch nur ein sogenanntes „Heiliges Grab“ geschmückt und verehrt. Das alles passt zu der schwierigen Zeit, in der wir momentan leben und leiden.

In unserem kurzen Glaubensbekenntnis gibt es eine Stelle, bei der wir sprechen: „…hinabgestiegen in das Reich des Todes, …“ Jesus wurde zwar begraben aber von Anfang an reflektiert unsere Kirche dieses Geheimnis indem sie glaubt, dass der tote Christus in seiner Seele, die mit seiner göttlichen Person vereint blieb, zum Aufenthaltsort der Toten hinabgestiegen ist. Er hat allen Gerechten, die vor ihm gelebt hatten den Himmel geöffnet. Der Karsamstag ist daher für das Alte Testament von großer Bedeutung. Christus war also im Tod aktiv, indem er bildlich gesprochen, die Fessel des Todes sprengte und alle Gerechten, die noch im Tod gefangen waren, erlöst. Sie wurden also nicht vergessen, sondern feierten mit ihm Auferstehung. Und viele Menschen der Antike glaubten ja an die Existenz einer dunklen Unterwelt. Man sieht diese Szene von der Befreiung Christi aus der Unterwelt oft auf ostkirchlichen Ikonen dargestellt. In der römischen Kirche ist das weniger zu finden. Vielmehr entstand im Laufe der Jahrhunderte eher die Verehrung von Kreuzpartikeln, heilige Lanze, Nägeln oder der Dornenkrone wie etwa in der Katherdale Notre-Dame. Aber z. B. schenkt uns das Turiner Grabtuch, von dessen Echtheit ich persönlich überzeugt bin, auch noch etwas Sichtbares vom Karsamstag.

Die kleine Aussage im Glaubensbekenntnis ist also nicht etwas Beiläufiges. Im Stundengebet der Kirche, also das tägliche Gebetbuch der Geistlichen und Ordensleute, steht heute sehr tröstlich: „O Tod, ich bin dein Tod. Totenreich, ich bin dein Untergang“. Diese Aussage, die dem Buch Hosea entnommen ist wird Jesus in den Mund gelegt. Für den Tod ist Jesus der Tod! Der Tod hat keine Macht mehr, denn Christus ist als wahrer Mensch und wahrer Gott auferstanden und er will, dass auch wir auferstehen. Wir sind für die Auferstehung und das ewige Leben bestimmt und das morgige Osterfest ist wie alle Feste unseres Lebens, nur ein kleiner Vorgeschmack. Freuen wir uns darauf, trotz der derzeitigen Lage.

Gesegnete und frohe Ostern!

Heinrich Liesen, Kpl.