Der Wind hat uns am Sonntagmorgen in St. Raphael ganz schön durcheinander gewirbelt und den Pfingstgottesdienst zu einer echten Herausforderung werden lassen. Gut, dass wir es mit viel Ruhe und Gelassenheit und einigen wenigen Schäden geschafft haben.

Ja, der Wind wurde auch oft an diesem Morgen als Metapher für den Geist Gottes bezeichnet, der weht und wirkt, und manchmal eben auch zur Aufgabe wird

Interessant ist, dass selbst wir Christen meinen, den Geist Gottes berechnen, zuordnen zu können. Ein Bischof sei es, der den Geist Gottes auf die jungen Menschen herabrufen könne, so ein Volksglauben. Um diesen Geist zu empfangen, bedürfe es einer bestimmten Vernunft, einer Klarheit im Kopf. Und ein geistvoller Menschen wiederum sei nicht nur klug, sondern er weiß auch, was für andere gut ist.

Ich vermute, dies haben wir in der Familie auch gedacht, als wir, genau gesagt meine Schwestern, meiner Mutter ein schönes, lockeres schwarzes Dress für die die Beerdigung meines Vaters kauften. Meine Mutter ist inzwischen stark an Demenz erkrankt, sie kann sich kaum fünf Minuten zurückerinnern. So fragte sie uns an dem Nachmittag nach dem Begräbnis mindestens fünf Mal, ob wir Hermann schon beerdigt hätten. Ebenso konnte sie nicht einschätzen, wo sie wann wo war.

Ich habe mindestens einen Tag gebraucht, um verstehen, was es sich mit einer – halb resignierten – Whatsapp-Nachricht meiner jüngsten Schwester am Morgen vor der Beerdigung auf sich hat, was vielleicht, so glaube ich, tatsächlich dahinter steht.
„So! Mutti hat sich geweigert, schwarz zu tragen, da war nix zu machen!“

Vielleicht war auch hier der erste Gedanke von dem einen oder anderen von uns: Ja, so ist sie nun, unsere halb-verwirrte Mutter. Und sie trug neben einer schwarzen Hose auch ihre rosa Bluse.

Aber dann, nach der Beerdigung begann ich zu staunen. Da ist eine inzwischen 84jährige Frau, der es immer schwerer fällt, Dinge und Vorgänge, manchmal auch Personen des Alltags zu behalten. Aber das, was sie tatsächlich konsequent beibehalten hat, ist ihre Auffassung, dass wir für das Leben eines Verstorbenen, besonders, wenn wir ihn geliebt haben, dankbar sein müssen und hoffen dürfen, vielleicht jetzt schon, aber spätestens mit unserem eigenen Tod mit ihm in Christus vereint zu sein. Und für mich kam der Gedanke an Pfingsten auf, dass der Geist Gottes unabhängig von unseren Maßstäben und Bewertungen wirkt und uns staunen lässt über seine Wirkmacht.

Meine Mutter übrigens hat das Wort „Danke“ an diesem Tag unzählige Mal genutzt, das Wort Trauer dagegen kaum. Auch ich werde diesen Tag nun nicht mehr nur, wie zunächst hier im Text „Beerdigung“ oder „Begräbnis“ nennen, sondern vor allem auch Erinnerungs- und Danke-Tag.

Lassen wir uns täglich immer wieder neu in Erstaunen versetzen, wozu der Geist Gottes fähig ist und bitten wir darum, dass er in uns die Tore des Reich Gottes weit öffnet.

The Kingdom of God is justice and peace, and joy in the Holy Spirit. Come Lord and open in us the gates of your kingdom. (Taize)

Thomas Willms