Komm und störe

Wir feiern Pfingsten und da rufen wir besonders zum Heiligen Geist. Doch wenn wir Gottes Geist herabrufen, dann wollen wir in der Regel auch, dass er wirkt und das etwas geschieht, nicht zuletzt bei uns oder in uns selbst. Der lutherische Bischof Wilhelm Stählin (1883-1975) hat dazu folgendes betrachtet:

„Wir sollten nicht allzu selbstverständlich bitten, dass der Heilige Geist bei uns einkehren möge, weil der Heilige Geist, da wo er einkehrt und Wohnung nimmt, nicht nur seine Gaben mitbringt, sondern zugleich ein in hohem Maß unbequemer, ja störender Gast ist.

Der gleiche Heilige Geist, den wir mit Recht inbrünstig erbitten, ist zugleich die unheimliche STÖRUNG aller persönlichen und erst recht aller kirchlichen Sicherheit. Er ist der Angriff Gottes auf unsere Unlebendigkeit und Selbstgenügsamkeit. Er hat keinen Respekt vor aller verfestigten Institution, vor äußerer Ordnung, wenn sie zum Selbstzweck geworden ist.

Die beiden Elemente, die in der Pfingstgeschichte als die Begleiterscheinungen und Symbole des Heiligen Geistes vorkommen, Sturmwind und Feuer, sind die unheimlichsten unter allen Elementen. Und sie lassen nichts, was sie ergreifen, an seinem Ort und in seinem Zustand.

Wer an den Heilige Geist als die schöpferische Aktivität Gottes glaubt und in diesem Glauben um das Kommen dieses Geistes bittet, der muss wissen, dass er damit die göttliche Störung herbeiruft und sich dafür offen halten, dass Gott ihn stört in seinem „Besitz“, in seinen Gewohnheiten, auch in seinen Denkgewohnheiten, wenn sie nicht mehr dafür taugen, ein Gefäß der heilsamen Unruhe und der aufregenden Wahrheit zu sein.

Wer also bittet: ‚Komm Heiliger Geist’, muss auch bereit sein zu bitten: Komm und STÖRE MICH, wo ich gestört werden muss.“

Ich gebe zu, dass auch ich nicht immer gerne gestört werden will. Dennoch glaube ich, dass Gottes Geist alles zum Guten führen und durch manche Störung Positives bewirken will.

In diesem Sinne, einen gesegneten Pfingstmontag,

H. Liesen, Kaplan