Liebe Leser*innen

Das Christi Himmelfahrtsfest hat für mich in diesem Jahr eine noch intensivere Bedeutung bekommen. Meine Familie und ich nehmen Abschied von unserem Vater, der in seinen 83 Jahren uns über fünf Jahrzehnte (meine Mutter natürlich länger) begleitete. Ja, sogar mehr, ohne ihn wäre ich nicht da – und, da bin ich mir sicher, nicht so wie ich heute bin.

Ja, es war zumindest in den letzten Tagen ein angekündigter Tod. So rief mich meine Schwester letzte Woche Mittwoch an und meinte: „Thomas, Vater wartet nur noch darauf, dass Du Samstag mit der Krankenkommunion kommst. Er lebt nur noch für diesen Moment.“ Ich war Samstag bei meinen Eltern und feierte mit ihnen einen kurzen Wortgottesdienst und wir nahmen gemeinsam den Leib Christi in uns auf. Mein Vater, der Lektor war, der als Bruderschaftler der St. Matthias-Bruderschaft lautstark bei den Trier-Fußwallfahrten, den Rosenkranz betete, der ruhig und sachlich mit meiner Mutter Beerdigungen vorstand und Wortgottesdienste feierte, er konnte in dieser Stunde das Vaterunser kaum noch sprechen. Ich wusste, dass dieses Lallen eine Vorstufe des Todes ist. 

Mein Vater, der nie müde wurde, uns Kinder und jungen Menschen, damals gesellschaftliche und kirchliche Aufbrüche zu zeigen, in Form von Familien-Eucharistiefeiern im Haus, in Fahrten zur Jongerenkerk in Venlo, konnte sich jetzt kaum noch bewegen.

Nach Einnahme von Schmerzmedikamenten ist er dann über Nacht friedlich und schmerzfrei eingeschlafen. Ich glaube es zu wissen, er ist aufgefahren, so wie Christus aufgefahren ist.  Und genauso wie seine Jünger stehen wir als Familie erst mal noch in Trauer da und schauen ihm nach.

Und dennoch werden wir den Blick wieder auf unser Leben, auf unsere Familien, auf unsere Freund*innen und Mitmenschen werfen, um da zu leben, wo wir sind.

Wie gut das ist, ist mir ebenfalls an dem letzten Wochenende gezeigt worden, durch den achtmonatigen Elias, Sohn meiner Freunde Özlem und Abdel. Vor dem Gang zu den Eltern mit der Krankenkommunion durfte ich mit ihm spielen, Musik machen, lachen und Grüffelo im Buch suchen. Am Sonntagnachmittag gingen wir mit Özlem auf die Königshöhe und bestaunten Gräser, Pusteblumen und fühlten die Blätter an den Ästen. Das Leben in Elias beginnt, der nimmt seine Umgebung wahr und ist unendlich neugierig. Mit ihm schaue ich nach vorne und nehme mir vor, weiterhin die Welt so zu gestalten, dass sie für die Menschen heute und ihre Kinder und Enkel lebenswert und interessant ist.

In der Kirche St. Paul wird am Sonntag eine Wanderkerze des kirchlichen Hilfswerks Renovabis stehen. Sie trägt die Aufschrift „Selig, die Frieden stiften.“ Ja, das ist der Auftrag, auch mein Auftrag und ich weiß, dass mein Vater mir – nun in der Stille, aber tief verbunden – Tipps und Ermutigung gibt, mit kleinen Schritten anzufangen. Dafür bin ich ihm dankbar und darf am kommenden Freitag mit der ganzen Familie Ostern feiern.

Ich wünsche Ihnen und Euch auch, dass Ihr, wie durch Elias vermittelt, Euch aufmachen könnt, zu dem frohen und offenen Leben, das uns das kommende Pfingstfest verspricht.

Thomas Willms