Liebe Leserin, lieber Leser,

während der Bauphase des Kindergartens in St. Raphael, traf ich auf einen Mitarbeiter der Firma, die die Zäune errichtete. Er sprach nur wenig Deutsch und etwas Englisch, stammte aus Syrien. Wir kamen ins Gespräch auf seine Frage, was das denn hier für eine Kirche sei. Ich antwortete ihm, es sei eine katholische Kirche. „Ja“ sagte er, „ihr seid Christen, nicht wahr?“. „Ja, richtig“, antwortete ich, „und die Kirche ist der Versammlungsort unserer Gemeinde zum Gebet.“ Er erklärte mir dann, dass er den Alawiten angehört. Die gehören zur Familie des Islam, pflegen aber nicht das Gebet und haben keinen gemeinsamen Versammlungsort. Der Alawismus sei näher am Schamanentum, esoterisch ausgerichtet. Das sei einer der Unterschiede zu den meisten islamischen Gemeinschaften. Worin denn der Unterschied zwischen katholisch und evangelisch bestehe, fragte er mich. Uff – ich könnte jetzt mit ‚Realpräsenz‘ und ‚Sakramenten‘ und ‚Heiligkeit‘ anfangen, aber ich wusste sofort, dass es schier unmöglich ist, mit dem geringen geteilten Wortschatz diese „wesentlichen“ Punkte zu erklären (wenn ich es überhaupt erklären könnte…). Und so konnte ich lediglich die Tatsache der Verschiedenheit bestätigen, die er ja offenkundig schon kannte.

Ich erinnere mich noch an seine zweite Äußerung, dass er sich mit den „islamischen Kriegern“ überhaupt nicht identifiziere und nicht verstehe, warum man so sei. Ich sagte, dass auch die Christen oft nicht besonders liebevoll mit (andersdenkenden) Menschen umgegangen seien und umgehen. Die Kreuzzüge und die Heilige Inquisition waren sicher nicht die rühmlichsten Ereignisse unserer Geschichte. Die kurze Antwort meines Gegenübers war: „Ja, aber ihr habt während der letzten 2000 Jahre etwas gelernt!“.

Die Lesung von heute beginnt ungefähr vor 2000 Jahren; sozusagen mit dem zweiten Teil der Apostelgeschichte: der Ausbreitung des Wortes des Herrn, der christlichen Kirche. Immerhin mussten die Jünger damals nichts von Katholizismus und Protestantismus erklären. Sie konnten mit dem Feuer, das die Auferstehung Jesu, der Sieg über den Tod in ihnen entfacht hatte, andere begeistern.

Manchmal denke ich, was ist bloß aus dem Feuer geworden. Es wird viel darüber gepredigt in unseren Kirchen, aber wo brennt denn noch die Flamme der Freude über das größte Fest der Christenheit?

Ich lese vom „pastoralen Zukunftsweg“ und von „Neuevangelisierung“, gewinne aber mehr und mehr den Eindruck, dass Kirche heutzutage kaum mehr etwas zu sagen hat, und nicht mehr wirklich begeistert. Kirche kreist kümmerlich um sich selbst. Verstrickt sich in ihren hausgemachten Vorschriften, aus denen sie sich selbst nicht mehr befreien kann. Wer „neu“ denkt, hat es in der Kirche nicht leicht, so scheint es. Selbst die Wahl von Papst Franziskus sei nicht vom Heiligen Geist, versuchte mir einmal ein emeritierter katholischer Priester in Ostwestfalen darzulegen. Da frage ich mich, was wir eigentlich in 2000 Jahren gelernt haben.

Meine Hoffnung ist, dass zumindest der Synodale Weg zu Erkenntnissen, besser zu Emotionen führt, die uns wieder brennen lassen für das Wort Jesu, das – wie er im heutigen Evangelium selbst sagt – das Wort des Vaters ist.

Insofern hoffe und vertraue ich auf den Heiligen Geist, dass er nicht nur zu Pfingsten wieder ein paar Brandherde in uns legt und das eine oder andere Gamm Hirn vom Himmel regnen lässt.

Einen frohen Mittwoch wünscht

Ludger Noll