Liebe Schwestern und Brüder,

betrachten wir zwei skurrile Fragen: Beten wir, wie wir glauben? Oder auch: Glauben wir, was wir beten? Christliches Beten unterscheidet sich von dem Gebet anderer Religionsgemeinschaften und auch anderer Konfessionen. Mit diesen Fragen will ich niemandem von uns die Zugehörigkeit zur katholischen Kirche absprechen. Allerdings gibt es Unterschiede in der Häufigkeit und bei der Auswahl bestimmter Gebete. Beispielsweise gibt es Gebete zum eigenen Schutzengel. Wer diese betet, glaubt wahrscheinlich an die Existenz seines Schutzengels und an die Fähigkeit, dass dieser rettend einschreiten kann. Andere ziehen Gebete zur seligen Jungfrau und Gottesmutter Maria vor. Hier wird Maria - wie allen Heiligen - eine Fürsprecherfunktion vor Gott zuteil. Andere Beten zu jeder Mahlzeit, beim Aufstehen und auch beim Zubettgehen, andere nur in Kirchen und Kapellen. Der Vollzug unserer Gebete, die wir zurzeit persönlich und ohne Gemeinde im kleinsten Kreis vollziehen müssen, sagt dabei viel über uns selbst aus. Beobachten wir uns mal beim Beten und reflektieren anschließend, was wir bemerkt haben.

Bis zur Corona-Krise galt der Wohnsitz und das dortige Pastoralteam als prägendste Größe für die persönliche Spiritualität – Vollzug des christlichen Glaubens (beispielsweise in praktizierter Nächstenliebe, Bekenntnis und Gebet). Nun – in der Krise – nehme ich bei mir wahr, dass es mir am heimischen Computer nicht nur darum geht, irgendeinen Gottesdienst zu streamen, sondern ich mir gezielt nach Zeit und Stil Heilige Messen heraussuche. Früher musste ich mein Leben um Gebetszeiten herum ordnen und war räumlich an bestimmte Kirchorte gebunden, aber inzwischen hat sich dies umgedreht. Diese Möglichkeit motiviert mich, mein Gebetsleben immer weiter zu vertiefen.

Lassen wir uns auf die Herausforderungen und Chancen eines individualisierten Glaubens in der Kirche von heute ein. Das Gemeinsame überstrahlt dabei alle Unterschiede und wäre eine Einheit ohne Vielfalt nicht auch etwas einfältig gedacht.

Heute feiern wir in unserer Kirche das Fest der Heiligen Katharina von Siena. Als ihr Geburtsjahr gilt 1347 – zu dieser Zeit wütete die Schwarze Pest und hat jeden dritten Europäer das Leben gekostet. In dieser Zeit der politischen Instabilität und wirtschaftlichen Depression steht die temperamentvolle Katharina den Herrschern der damaligen Welt und dem Papst als Beraterin zur Seite. Neben ihrem Einsatz als Friedensstifterin zwischen den weltlichen Mächten setzte sie sich besonders für die Armen und Kranken ein. In einer hoffnungslosen Situation hat Katharina sowohl Energie als auch Ideen in den Wiederaufbau Europas und die innere Reform der katholischen Kirche investiert.

Ihr werden zwei bekannte Aussagen zugeschrieben:

  • „Mein Wesen ist Feuer.“
  • „Seid versichert: Wenn ich sterbe, ist die einzige Ursache meines Todes die Liebe zur Kirche.“

Diese Art von Leidenschaft und Treue zur Kirche ist wohl das, was ich der Jugend von heute und morgen zutiefst wünsche. Die Welt verändert sich, also mögen doch wenigstens die Verändernden voller Hoffnung und Zuversicht sein, wie Katharina uns hierin ein Vorbild ist.

Gottes Segen, Hoffnung und Zuversicht

Thomas Armborst