Hallo miteinander,

erinnern Sie sich noch? Es ist heute genau auf den Tag sechs Monate her, dass wir den Auftakt zu der Visitation im Wupperbogen mit einer Messe mit Weihbischof Schwaderlapp gefeiert haben. Wir haben zusammen gebetet, gesungen, gelacht, diskutiert, Fragen gestellt und anschließend gab es Schnittchen und Kaffee. Das Pfarrheim in St. Raphael war gefüllt bis auf den letzten Platz.

Eigentlich wollte ich heute – sechs Monate nach dem Besuch von Weihbischof Schwaderlapp – im heutigen Impuls aus seinem Büchlein zitieren, das er den Seelsorgenden und mir damals mitbrachte: „Die Herzen zum Himmel“. In diesem geht es jedoch auf 110 Seiten fast ausschließlich um die Bedeutung der Feier der Messe, genauer der Eucharistie. Selbst die erwähnten Alternativen zur Messfeier sind Gebetsformen in Gemeinschaft. Das erscheint mir im Moment nicht sehr passend. Dominikus Schwaderlapp sollte in diesen Tagen ein neues Buch schreiben – wer weiß, vielleicht tut er dies gerade. Denn im Moment sind Messfeiern ebenso schwierig wie das Beten in Gemeinschaft.

Ja, es stimmt, wir werden vermutlich in absehbarer Zeit wieder Messen in der Öffentlichkeit feiern können – wahrscheinlich sogar schon deutlich früher als Kinder und Jugendliche wieder regulär in Kita und Schule gehen können. Aber diese Messfeiern werden anders sein als wir es kennen.

Ich habe gemerkt, dass ich mich bei Aufzeichnungen oder Live-Übertragungen von Messen im Internet oft ganz schön allein gefühlt habe. Kein Gemeinschafts-Gefühl, ganz im Gegenteil. Vielleicht wird es anfangs auch bei den Messen so sein, die wieder in der Öffentlichkeit stattfinden. Wir sitzen alle meterweit auseinander, tragen Atemmasken und singen nicht. Noch fällt es mir etwas schwer, mir das vorzustellen.

Es macht mich traurig, dass so viel über die Notwendigkeit und Unersetzlichkeit von Messen gesprochen wird in diesen Tagen. Auch ich vermisse es, sonntags in den Gottesdienst zu gehen – oder wenigstens gehen zu können. Bereits dadurch, dass ich eben nicht in die Kirche gehen und in Gemeinschaft beten und singen kann, fühle ich mich allein. Durch die ständige Betonung der Wichtigkeit der Eucharistie-Feier in den vergangenen Tagen und Wochen durch unsere Kirchenoberen fühle ich mich allerdings nicht nur allein, sondern fast schon verlassen. Und ich bekomme ein schlechtes Gewissen, weil ich in meinem Innersten spüre: Es ist zu früh und zu riskant, wieder gemeinsam zu beten. Die Kirchenführer jedoch geben klar zu verstehen, dies sei der einzig richtige Weg. Wäre es nicht sinnvoller, über echte Ausnahme-Alternativen in dieser Ausnahme-Situation nachzudenken?! Zum Gefühl der Einsamkeit gesellt sich die Zerrissenheit.

Vielleicht verstehen Sie als Lesende, was ich meine. Vielleicht kennen Sie sogar ganz ähnliche Gefühle aus den vergangenen Wochen. Statt aus dem Büchlein von Weihbischof Schwaderlapp zu zitieren, möchte ich heute ein kleines Textfragment aufschreiben, das mich genau aus diesem Gefühl des Alleinseins, der Einsamkeit und Zerrissenheit herausholt. Es scheint fast, als rücke es mir Kopf und Herz wieder zurecht und richte meinen Blick auf das Wesentliche. Der Text steht zu Beginn der „Gebete des Lebens“ von Karl Rahner und beginnt so:

„Inmitten der nahen Unbegreiflichkeit Gottes zu wohnen,
von Gott selbst so geliebt zu werden,
dass die erste und letzte Gabe
die Unendlichkeit und Unbegreiflichkeit selber ist,
das ist erschreckend und selig zumal.
Aber wir haben keine Wahl.
Gott ist mit uns.“

Dieses kleine Textstück entfaltet sich – so finde ich – übrigens umso stärker und lauter und kräftiger, je häufiger man es liest. Und: Bei jedem Lesen fällt mir etwas Anderes auf, an dem meine Gedanken hängenbleiben. Versuchen Sie es einfach ein paar Mal – vielleicht erleben Sie es ja ähnlich.

Ihre und Eure Theresa Schramke