»Liebe Schwestern und Brüder...«,

so beginnen viele Gottesdienste, Predigten und manchmal auch geistliche Tagesimpulse. Liebe Schwestern und Brüder, so haben wir es am Sonntag auch wieder auch wieder im Gottesdienst auf dem Kirchplatz von St. Raphael gehört, und dabei habe ich doch gar nicht mit meinen leiblichen Verwandten/Geschwistern dort zusammen gesessen.

Wir sprechen Menschen an, die vielleicht zu unserer Kirchengemeinde gehören, oft aber auch zu Hörern und Lesern, die wir gar nicht kennen. Ist das nicht eigentlich ziemlich schräg, wildfremde Menschen als seine Geschwister zu bezeichnen?

So habe ich einmal einen Pfarrer nachgefragt, warum dieses so ist und was das heißen soll. Seine Antwort war:  Jesus hat die Menschen gelehrt, dass Gott ihr gemeinsamer Vater ist. Deshalb beten wir noch heute: Vater unser im Himmel. Und wenn wir alle denselben Vater haben, dann sind wir logischerweise Geschwister. So weit, so klar. Aber ich frage mich doch manchmal, was da alles mitschwingt, und wie die Leute das eigentlich finden, wenn ich sie als meine Schwestern und Brüder bezeichne.

Als Geschwister einer 4 köpfigen Kinderbande zu Hause, kann ich es wohl gut beurteilen, dass es unter Geschwistern nicht immer nur freundlich und harmonisch zugeht. Schon bei Kindern kann es ein riesiges Drama sein, wenn eines mehr darf oder das andere weniger vom Kuchen abkriegt.
Das erste Geschwisterpaar der Bibel sind Kain und Abel - der eine bringt den anderen um. Und danach geht es auch nicht viel besser weiter: Jakob beschwindelt seinen älteren Bruder Esau um das väterliche Erbe. Josef wird von seinen Brüdern an Sklavenhändler verkauft.

Aber vielleicht ist es gerade deswegen gar nicht so dumm, dass wir unsere Glaubensgenossen als Geschwister bezeichnen. Ein guter Bruder sein, das ist nicht immer einfach! Eine liebevolle Schwester sein, das ist manchmal harte Arbeit! Wir haben uns einander eben nicht ausgesucht wie beste Freunde. Letztlich hat uns ein anderer zusammengebracht.

Und wenn ich jemandem sage: Du ist mein Bruder, du bist meine Schwester, dann meine ich genau das: Wir werden uns nicht immer super finden, wir werden manchmal ganz verschiedener Meinung sein, aber trotz allem - wir haben eine gemeinsame Aufgabe und wir gehören zusammen.

Ihre und eure Britta Schulze